7th - 9th April
Los Angeles. Die letzte Station
unserer Reise. Wir haben unser Ziel erreicht. Sind 7.000 Meilen quer
über den Kontinent gefahren - etwa 11.000 km. Einmal von Ost nach
West. Von Küste zu Küste. Und wir haben das gut bewältigt.
Nicht ohne Unterstützung. Die Götter waren an unserer Seite.
Ich bin mir ganz sicher.
Schwer fällt es mir anzukommen. Das
Nomadenleben aufzugeben - und wieder Sesshaftigkeit zu proben. Ich
habe Schwierigkeiten, die in den letzten Wochen geprägten
Dimensionen dieser Gegenwart anzupassen - mich wieder in kleineren
Maßstäben zu bewegen. Begrenztheit anzunehmen.
Und weiß auch überhaupt nicht, was ich davon
halten soll.
Meine
Seele befindet sich immer noch auf Reisen. ebenfalls mein Geist - ich fühle mich
nicht nach Ankommen. Nicht jetzt. Und nicht hier.
Mein Leben ist
eine unveränderte Baustelle. Fast ohne Konstanten. Ohne nennhafte
Perspektive. Ich möchte weiterziehen. Nicht stehenbleiben.
Nicht jetzt. Und nicht hier.
Rausgewachsen fühle ich mich - aus dem Alten. Und habe dennoch nur
es. Da ist
nichts Neues. Noch nicht. Das macht mich ruhelos. Ohne Heimat. Unzufrieden.
Ich suche. Möchte finden.
Weiß nicht, wohin ich die Segel setzen
soll.
Die letzte gegenständliche Erinnerung,
die ich in mir trage, ist die an unseren Check-out und Aufbruch aus
dem Cesars Palace in Vegas. An unsere nachfolgende Fahrt
durch den Death Valley. Da war ich noch da.
Daraufhin bin ich irgendwo verloren
gegangen.
Seitdem wir in LA angekommen
sind, fühle ich mich irreal. Nicht präsent. Keinesfalls anwesend.
Ich weiß nicht, an welchem Ort und an
welcher Stelle ich
stehen geblieben bin. Aber ich werde mich suchen. Und ich habe nun
Zeit dazu.
Noch am Abend unsere Ankunft hat es
ungebremst, aber gleichzeitig nahezu unspektakulär einmal kurz 'Puff' und 'Peng' gemacht - wir haben uns
heftig gestritten. Unser Verhältnis ist seitdem einigermaßen
'zerrüttet' zu nennen. Wohl allein deshalb, weil wir nun nicht mehr zwingend
miteinander kooperieren müssen - tun wir es auch nicht länger. Und
haben uns just - sowie bei erster Gelegenheit - wieder
feinsäuberlich auseinanderdividiert.
Jeder macht nun sein eigenes Ding. Hier, in LA.
Wir verbringen die Tage getrennt, bis auf wenige
Ausnahmen, und bis auf die Sprachschule - und am Abend steigen wir
zu fortgeschrittener Stunde, dann, wenn es sich kaum länger hinausschieben
lässt, in das einzig vorhandene Doppelbett - gleich einem alten
Ehepaar, das sich längst verachtet, und dennoch im Status quo
verweilt - aus ausnahmslos rationaler Motivation.
Ich bin mir nicht sicher, ob mir LA
liegt. Das prüfe ich noch.
Aber ich bin auch nicht hier, weil ich
mir von dieser Stadt viel versprochen habe - ich kenne LA und ganz
sicher ist es keine herausragende Location, zumindest nicht für mich.
Und dennoch habe ich sie/ haben wir sie als Standort gewählt - einerseits, weil sie einen
guten Ausgangspunkt für Sternfahrten in die Umgebung bietet - und
andererseits, weil sie einwöchige Sprachkurse anbietet - wo ansonsten
zumeist zwei Wochen das Minimum bilden.
Nun gilt es, das Beste aus diesem
Aufenthaltsort herauszuholen.
Es fällt mir schwer, warm zu werden
mit dieser Gegenwart. Diesem Ort. Dem Bleiben. Und Klaus'
fortgesetzter Präsenz neben mir.
Und ich schätze, das geht ihm ganz
genauso. Er geht mir, wo er kann, aus dem Weg.
Dies untermauert die Vermutung, dass er
mich in den vergangenen Wochen viel eher ertragen hat. Als
wertgeschätzt. Und das möchte ich ihm auch lassen.
Ich finde es dennoch bedauerlich. Dass
wir nicht positiver übereinander denken können. Denn wir haben
unsere Sache gut gemacht. Auf jeden Fall sogar.
So sehr ich mir seiner Missgunst immer
wieder sicher sein will, tauchen sie dann doch gleichbleibend auf. Unregelmäßigkeiten.
Entgegengesetztes. Widersprüchliches.
Als wir uns am ersten Morgen auf dem Weg
zur Sprachschule befinden, es ist Ostermontag, unterhalten wir uns
darüber, dass wir uns alterstechnisch wohl voraussichtlich allein
auf weiter Flur unter Twens und Teenagern bewegen werden.
Ich verheiße ihm lächelnd, dass
er als Kerl keine Nachteile aus diesem Umstand erleiden sollte -
sofern es um potentielle Anbahnung gehen will - ich aber sehr
wohl - denn ich möchte als Frau keinen jüngeren Kerl an meiner
Seite.
Mein letzter Liebhaber zählte 25 süße
Lenze - und so wunderschön unsere Geschichte auch war -
ich möchte diese Rolle der Älteren dauerhaft nicht. Was einer ganz
persönlichen Empfindung entspricht. Ganz ohne Anspruch auf jedwede
Allgemeingültigkeit.
Im selben Moment jedoch, in dem ich
diese Worte ausspreche, von 'potentieller Anbahnung' rede, bemerke ich eine unverkennbare Irritation - und
registriere - Klaus hatte mich doch auf dem Schirm. Unglaublich.
Aber wahr.
Ich kapiere diesen Typen nicht.
Aber gleichermaßen die Typen mich wohl
auch nicht. Also bleiben wir gerecht.